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Special: Fahrleistungsmessungen mit dem GPS-Empfänger
08.01.2008

Nach inzwischen Jahren beruflicher wie privater Beschäftigung mit GPS-Systemen begleiten mich diese fast in allen Bereichen meines Lebens, speziell aber eben auch bei motorsportlicher Betätigung. Da ich seit gut einem Jahr Nutzer eines semiprofessionellen GPS-Systems für die Analyse meiner Rennstreckenbesuche bin, geht mir im Kopf herum, ob und wie ich mit meinen eigenen GPS-Geräten zu vergleichbaren Lösungen kommen könnte, und das mit möglichst geringem Aufwand.

Inzwischen habe ich erste Ergebnisse!

Ein GPS-Chipsatz liefert normalerweise ein Mal pro Sekunde die Geokoordinaten, Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung und noch ein paar andere interessante Messwerte. Professionelles Racing-Equipment ist nicht nur mit einem GPS ausgestattet, sondern ermittelt die Längs- und Querbeschleunigung des Fahrzeugs anhand spezieller Beschleunigungssensoren, die zumeist auf Mikromechanik in Halbleitertechnologie basieren. Nun hatte ich die Idee, dass es vielleicht möglich sein könnte, allein aus den GPS-Daten genau diese Beschleunigungen rechnerisch zu ermitteln.

Und es geht tatsächlich!

Verwendet man nun ein etwas besseres GPS-Modul wie das u-blox 5 (aber auch das ältere Antaris 4 kann das) der Firma u-blox, so bekommt man bis zu 10 Messungen pro Sekunde und kann dann bereits recht fein aufgelöst das Fahrverhalten des Autos auswerten.

 

Hier nun die Anleitung, wie man aus dem NMEA-Datenstrom die gewünschte Quer- und Längsbeschleunigung ermitteln kann:

 

Was braucht man dazu?

Letztlich äußerst wenig, es ist nur nötig, in möglichst geringen Zeitabständen Informationen über Geschwindigkeit und Fahrtrichtung zu erhalten und abzuspeichern. Diese Informationen liefert jeder handelsübliche GPS-Empfänger.

Beispiel: NMEA-String "RMC"
$GPRMC,191410,A,4735.5634,N,00739.3538,E,0.0,0.0,181102,0.4,E,A*19

$GPRMC

Kennung für NMEA-String vom Typ "Recommended Minimum Sentence"

191410

19:14:10 UTC-Zeit

A

Anzeige für eine gültige Position

4735.5634

47°35.5634' Breite

N

nördlich des Äquators

00739.3538

7°39.3538' Länge

E

östlich Greenwich-Meridian

0.0

0.0 Knoten gefahrene Geschwindigkeit

0.0

0.0° tatsächliche Fahrtrichtung

181102

18.11.2002 Datum

0.4

0.4° magnetische Deklination

E

östliche Richtung

A

GPS-Modus (optional)

*19

Prüfsumme für Fehlererkennung

in bekannten Zeitabständen δt = tn - tn-1 ausgewertet bezüglich gefahrener Geschwindigkeit v(tn) und Fahrtrichtung φ(tn). Es müssen hierbei sowohl die Geschwindigkeit als auch die Richtung der aktuellen als auch von der zeitlich zurückliegenden Messung vorliegen, da Differenzwerte berechnet werden müssen.

Im Folgenden notwendige Daten: v(tn), v(tn-1), φ(tn), φ(tn-1), δt

 

VORSICHT: MATHEMATIK!

 

Die Berechnung der Längsbeschleunigung

Für die Berechnung der Längsbeschleunigung sind lediglich zwei Geschwindigkeitswerte mit dem jeweiligen Messzeitpunkt erforderlich. Die Beschleunigungskraft in g ergibt sich dann aus der Änderung der Geschwindigkeit über die Zeit. Da die Geschwindigkeiten vom GPS in Knoten kommen, wir sie aber einheitengerecht in m/s benötigen, ist eine zusätzliche Umrechnung vorzusehen. Letztlich macht man hier etwas ähnliches wie eine numerische Differentiation.

Um online nicht mit Formeln arbeiten zu müssen, ist der Rechenweg als Grafik eingebunden. Dies sorgt auch für eine korrekte Darstellung in allen Browsern.

Diese Formel kann man direkt verwenden, sie ist einfach und problemlos, liefert dennoch das korrekte Ergebnis!

"Die Längsbeschleunigung ergibt sich als
Geschwindigkeitsänderung in Knoten
geteilt durch die Zeitänderung in Sekunden
multipliziert mit einem Korrekturfaktor."

 

Die Berechnung der Querbeschleunigung

Die Berechnung der Querbeschleunigung ist nicht mehr ganz so trivial wie die Längsbeschleunigung. Hier handelt es sich um die Zentripetalkraft, dafür benötigt man zur gefahrenen Geschwindigkeit und des Zeitabstandes der Messungen noch die Richtungsänderung. Auch hier ist auf einheitengerechte Berechnung zu achten.

Auch hier wurde der Rechenweg der Einfachheit halber als Grafik eingebunden.

Auch diese Formel kann ganz einfach in Mikrocomputern verwendet werden und liefert ein korrektes Ergebnisse!

"Die Querbeschleunigung ergibt sich als
Winkeländerung in Grad
geteilt durch die Zeitänderung in Sekunden
multipliziert mit der Momentangeschwindigkeit in Knoten
multipliziert mit einem Korrekturfaktor."

 

Ergebnis

Mit den entwickelten Funktionen können nun NMEA-Daten von GPS-Receivern dazu genutzt werden, die Quer- und Längsbeschleunigung des Fahrzeuges zu bestimmen. Man könnte beispielsweise einen PDA mit GPS-Maus so programmieren, dass dieser auf seinem Bildschirm während der Fahrt nicht nur die Geschwindigkeit anzeigt, sondern eben auch das dynamische Verhalten des Fahrzeuges.

Die Herleitung der Formeln gibt es hier auch als PDF zum Download: GPS-Fahrdynamik

 

Demnächst geht es dann mit dem Blog wieder etwas praktischer weiter. Basierend auf den auf dieser Seite genannten Rechenergebnissen ist mir aber bereits eine Idee gekommen, wie man die optimale Beschleunigung praktisch sehr gut ermitteln kann: man beschleunigt in allen 5 Gängen einmal komplett über das gesamte Drehzahlband und zeichnet dies mittels GPS auf. Dann wird mit einer Tabellenkalkulation ermittelt, welcher Gang wo die bessere Beschleunigung bietet als die anderen und daraus ergeben sich dann optimale Schaltpunkte.

 

Nächstes Thema: Saisonvorbereitungen 2008 - Bremsanlage und Kleinigkeiten